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Hamburg: Unglaublicher Hass auf die Feuerwehr

Hamburg: Unglaublicher Hass auf die Feuerwehr

Sie kommen, um zu helfen. Und zum Dank werden Feuerwehrmänner und Rettungsassistenten immer öfter beleidigt und bespuckt. Teils kommt es sogar zu körperlichen Attacken. 1.600 Fälle gibt es pro Jahr! Die wenigsten werden angezeigt. Hauptbrandmeister Oliver Grobstieg (47) packt aus.

Seit 20 Jahren ist Oliver Grobstieg Feuerwehrmann – und hat schon viel erlebt. Ein typischer Fall: „Eine hilflose Person auf der Straße wird uns gemeldet“, erzählt er. „Oft steckt dahinter Alkohol- und Medikamentenmissbrauch.“

Die Retter eilen dann zum Einsatzort. Der Patient kann oft nicht stehen, wirkt völlig hinfällig. Das ändert sich dann allerdings manchmal sehr schnell: „Patienten werden im Rettungswagen plötzlich aggressiv, randalieren und spucken um sich.“

Die Besatzung eines [itg-glossary href=”http://tooltip” glossary-id=”111621″]Einsatzfahrzeugs[/itg-glossary] besteht aus zwei Menschen. Einer fährt, der andere sitzt angeschnallt beim Patienten. Um reagieren zu können und den Notrufknopf zu drücken, muss der Retter erst seinen Gurt lösen können. Oliver Grobstieg kennt Hamburg wie seine Westentasche. „Man weiß, wo die sozialen Brennpunkte sind und was einen dort erwarten könnte.“

Oft reagieren Leute aggressiv auf Blaulicht. So zum Beispiel bei einem Einsatz in Eidelstedt. Aus einer Wohnung hatten Anwohner Schreie gehört. „Wir waren vor der Polizei da“, sagt Grobstieg. „Als wir auf das Haus zugingen, kam plötzlich ein Mann mit einem Messer in der Hand auf uns zugerannt. Wir konnten uns gerade noch in den Wagen retten.“ Schließlich traf die Polizei ein und nahm den Mann fest.

Doch es gibt Rettungsaktionen, bei denen die Polizei nicht kommt. „Wir mussten eine Frau mit Herzproblemen in einer Wohnung reanimieren“, sagt Grobstieg. Im Kreise einer großen südländischen Familie. „Diese Menschen waren sehr impulsiv. Sie brüllten, wurden handgreiflich und behinderten unsere Rettungsmaßnahmen. Gott sei Dank riefen Nachbarn die Polizei, sonst wäre die Situation noch mehr hochgekocht. Reanimiert haben wir die Dame trotzdem …“

Solche Attacken machen den Job eines Retters alles andere als leicht. Doch die Angriffe werden juristisch kaum verfolgt. Kriminologin Janina Lara Dressler (28) hat sich in ihrer Doktorarbeit an der Uni Bonn mit diesem Thema befasst. Das Ergebnis: „Von geschätzten 1.600 Fällen in Hamburg werden höchstens zwei bis drei Prozent dem Vorgesetzten gemeldet und noch weniger zur Anzeige gebracht.“

Warum? Daniel Dahlke (44), Landeschef des Berufsverbands der Feuerwehr: „Der Dienstweg ist lang und kompliziert. Dieses Verfahren findet keine Akzeptanz in der Mannschaft.“ Außerdem, sagt er, werden fast alle Fälle von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Dahlke fordert Schutzwesten für alle Retter und flächendeckende Deeskalations- und Selbstverteidigungskurse.

Warum die Staatsanwaltschaft die Vorfälle nicht verfolgt, ist schwer zu sagen. „Es gibt eine Palette von Einstellungsgründen“, sagt Oberstaatsanwältin Nana Frombach. „Die Staatsanwaltschaft verfolgt grundsätzlich nur Verfahren von öffentlichem Interesse.“
Für Dahlke klingt das wie Hohn: „Wir sind im öffentlichen Dienst, aber nicht von öffentlichem Interesse…“

Quelle: Hamburger Morgenpost / Bild: RUEGA

 
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